„farmlifes“: Neue App hilft

Landwirtschaft und Klima

Als die Österreichische Hagelversicherung vor 75 Jahren aus der Taufe gehoben worden ist, ging es den Gründervätern nicht nur um einen wirksamen Schutz gegen die verheerenden Folgen der Hagelunwetter, sie setzten mit der Gesellschaftsform des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit auch auf die Hilfe zur Selbsthilfe. Denn bei dieser Unternehmensform geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern um optimales und leistbares Risikomanagement für jeden versicherten Betrieb; dies auch mit Unterstützung der öffentlichen Hand. Ein dreiviertel Jahrhundert später bietet die „Hagel“, wie das Unternehmen landläufig genannt wird, das breiteste Versicherungsangebot EU-weit, hat ihr Tätigkeitsfeld um fünf Länder im Donauraum erweitert, bedient sich der Satellitentechnik und ist dennoch bei der ursprünglich gewählten Organisationsform mit dem hohen sozialen und nachhaltigen Anspruch geblieben.

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Copyright: FarmlifesGmbH, Stefan Rainer

Lisa Rieder (27) und Herbert Astl (28), zwei junge Pinzgauer mit bäuerlichen Wurzeln und einer fundierten landwirtschaftlichen Ausbildung, haben etwas mit den Gründervätern der Hagelversicherung gemein: Sie wollen mithelfen, erkannte Probleme zu lösen und bestehende Missstände zu beheben. Welche sind das? Rieder und Astl sehen die „Kernprobleme der modernen Landwirtschaft“ im Rückgang der bäuerlichen Betriebe, in den seit vielen Jahren stagnierenden bäuerlichen Einkommen, im geringen Wertschöpfungsanteil in der Lebensmittelkette und im sich aus all diesen Ursachen ergebenden Mangel an jungen Hofübernehmerinnen und Hofübernehmern. Und was beide zudem schon seit der Landwirtschaftlichen Fachschule in Bruck an der Glocknerstraße gewaltig wurmt, ist das geringe und oft falsche Wissen der Gesellschaft über die Welt auf den Bauernhöfen.

So schritten sie 2018 zur Tat und gründeten mit „Farmlifes“ ein soziales Netzwerk, eine digitale Plattform, um Abhilfe zu schaffen. Sie wollen den Höfen Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen und die Kommunikation mit Konsumentinnen und Konsumenten in Gang zu bringen. Eine App ist das Instrument der Wahl dazu.

Kennengelernt haben sich die beiden im Rahmen ihrer Ausbildung in der LFS Bruck. Lisa Rieders Weg führte sie anschließend über den Beruf der Werbegrafikerin in die Welt der Werbeagenturen, Herbert Astl war ursprünglich Landwirt, er arbeitet noch immer am elterlichen Hof mit, erlernte dann den Zimmererberuf und fand schließlich den Weg zur IT (Informationstechnik) und so zu „farmlifes“. Während Lisa dort ihre Aufgaben in Marketing und Werbung sieht, sorgt Herbert für eine klaglos funktionierende technische Grundlage.

Warum „farmlifes“? Lisa Rieder: „Wir sind beide auf einem Bauernhof aufgewachsen, wir kennen die Probleme der Landwirtschaft und haben schnell gemerkt, wir müssen den Konsumenten viel mehr erzählen als bisher, dann wird es uns auch gelingen, so manche verzerrte Berichterstattung wieder gerade zu rücken.“ Und weiter: „Städtische Konsumenten haben halt nach wie vor romantische Vorstellungen von der Landwirtschaft. Aber wir sind schon längst im Zeitalter der Digitalisierung angekommen.“

Herbert Astl nimmt das Stichwort Digitalisierung auf: „Die Landwirtschaft der Zukunft kann am besten mit zwei Begriffen beschrieben werden: Digitalisierung und Automatisierung. Die Digitalisierung bringt in allen Lebensbereichen maßgebliche Veränderungen mit sich, natürlich auch in der Landwirtschaft. Die Automatisierung wiederum ist ohne Digitalisierung nicht denkbar und macht das Arbeiten letztlich nachhaltiger und klimafreundlicher. Warum? Ganz einfach: „Es können Arbeitsschritte optimiert, Ressourcen gespart und Betriebsmittel gezielt eingesetzt werden. Hier wollen wir mithelfen.“

Wie funktioniert „farmlifes“? Auf der Plattform der jungen StartUp-Gründer (www.farmlifes.com), haben beide diese Frage beantwortet: „Die Farmlifes App ist ein soziales Netzwerk für die Landwirtschaft, in dem sich Bauern und Bäuerinnen austauschen und vernetzen.“ Was sind die einzelnen Werkzeuge? Der „Messenger“ dient der Übertragung von Nachrichten, in den „Hofprofilen“, dem Herzstück von „farmlifes“, präsentieren Bäuerinnen und Bauern ihren Betrieb. Vernetzen sich „farmlifes“-Mitglieder mit ihren Hofprofilen untereinander, entsteht eine breite digitale Hofwelt. Schließlich gibt es noch die Soforthilfe-Funktion: Personen im Umkreis von 30 Kilometern können sofort auf einen Hilferuf reagieren und beispielsweise die kaputte Maschine reparieren, die unerwartet ausgefallene Arbeitskraft ersetzen oder sonst ein Problem schnell lösen helfen.

Lisa Rieder erläutert, warum die beiden noch eine weitere Softwarelösung, nämlich den Farmcode entwickelt haben: „Unsere Landwirtschaft setzt ganz stark auf Qualität. In den Corona-Jahren kam dann noch eine stärkere Betonung der Regionalität dazu. Die Digitalisierung hilft dabei, die Verbraucher über die Vorteile regionaler, qualitätsvoller Produkte zu informieren. Wer sich für ein etwas teureres, regionales Lebensmittel entscheidet, handelt nachhaltig und hilft dem Klima. Um aber diese Produkte zu erkennen, braucht es ein Erkennungszeichen. Das ist unser Farmcode.“

Bis heute nutzen 3600 User und mehr als 600 Betriebe die App. Rieder und Astl: „Im Herbst 2021 war der Start der Testphase. Anfang Dezember des Vorjahres gewannen wir den „European Young Farmers Award“ in der Kategorie „Bestes Digitales Projekt”. Derzeit gibt es intensive Gespräche mit Kooperationspartnern. Wir können mit Stolz sagen, dass die Österreichische Hagelversicherung einer dieser Partner sein wird.“

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Farmlifes wurde mit dem „European Young Farmers Award“ in der Kategorie „Bestes Digitales Projekt” ausgezeichnet. (v.l) Präsident der LK Salzburg Rupert Quehenberger, Abgeordnete zum Europäischen Parlament Simone Schmiedtbauer, die Gewinner Herbert Astl und Lisa Rieder und Abgeordnete zum Nationalrat Carina Reiter; Copyright: FarmlifesGmbH, Stefan Rainer

Was verbindet „farmlifes“ mit der Hagelversicherung? Rieder und Astl: „Wir haben dasselbe Ziel: Bäuerinnen und Bauern helfen, die Produktion noch nachhaltiger und klimafreundlicher zu machen und die Konsumenten darüber zu informieren. Denn nur deren Kaufentscheidung ist letztlich für den Erfolg am Hof ausschlaggebend. Wenn sie wissen, welches Produkt klimafreundlich und nachhaltig produziert worden ist und sich dann für dieses entscheiden, haben wir unser Ziel erreicht. Deshalb sind wir Partner.“