Bodenbilanz: Jedes Jahr werden rund 4.000 Hektar Boden verbaut
Das entspricht dem jährlichen Brotkonsum von fast 300.000 ÖsterreicherInnen
Faktum ist: Bedingt durch den Flächenverbrauch steht Österreich vor großen Herausforderungen. „In den letzten drei Jahren verloren wir hierzulande durch Verbauung jährlich rund 4.000 Hektar Agrarflächen. Das entspricht beispielsweise einem Verlust von 24 Millionen kg Brotgetreide. Für den Brotkonsum werden rund 85 kg Getreide pro Kopf und Jahr benötigt. Somit verbauen wir in einem Jahr das Brotgetreide für fast 300.000 ÖsterreicherInnen. Diese Entwicklung ist fahrlässig, weil es die Ernährungssouveränität Österreichs massiv gefährdet. So haben wir beim Brotgetreide bereits jetzt nur mehr einen Selbstversorgungsgrad von 86 Prozent, bei Kartoffeln von 80 Prozent, bei Gemüse nicht einmal 50 Prozent und bei Soja sogar nur von 15 Prozent. Vom Beton können wir nicht abbeißen“, warnt Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, und ergänzt: „Wir sind beim Flächenverbrauch Europameister im negativen Sinn und leider – trotz abnehmender Tendenz – noch immer um den Faktor 5 (Durchschnitt der letzten drei Jahre 11,8 Hektar) über dem Zielwert der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2002, nämlich den Flächenverbrauch auf 2,5 Hektar pro Tag zu begrenzen.“
Dabei ist der Boden ein Multitalent:
- Der Boden ist eine lebensnotwendige Grundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen.
- Der Boden ist die Grundlage für die Lebensmittelproduktion.
- Der Boden speichert CO2 und Wasser.
- Der Boden sichert 500.000 Arbeitsplätze in der agrarischen Wertschöpfungskette.
- Der Boden ist die Basis für eine einzigartige Kulturlandschaft und notwendig für den Tourismus.
2020: Maßnahmenbündel ist dringend gefragt
Die gute Nachricht: Der Trend ist rückläufig. Trotzdem ist laut Experten ein umfassendes Maßnahmenbündel erforderlich, um den Flächenverbrauch weiter einzudämmen und die „Ressource Boden“ nachhaltig zu schützen:
- Zielwerte für maximale Flächennutzung in den Raumplanungsgesetzen der Bundesländer verankern
- Gesetzlicher Schutz wertvoller Agrarflächen vor Verbauung (wie in der Schweiz)
- Revitalisierung leerstehender Immobilien (laut Umweltbundesamt 40.000 Hektar, das entspricht umgerechnet der Fläche der Stadt Wien)
- Österreichweite Leerstands-Datenbank und Flächenmanagement-Datenbank, die Gemeinden dabei unterstützt, Baulücken und Leerstände in Ortskernen transparent zu erfassen und bestmöglich zu nutzen
- Innenentwicklung vor Außenentwicklung: Baulandausweisungen sollen nur noch dann genehmigt werden, wenn die betreffende Gemeinde nachweisen kann, dass keine angemessenen Innenentwicklungspotentiale verfügbar sind.
- Interkommunaler Finanzausgleich
- Vermehrtes Bauen in die Höhe und in die Tiefe
- Ausbau des öffentlichen Verkehrs, da dieser weniger Flächen in Anspruch nimmt
Angesichts begrenzter Landwirtschaftsflächen sowie der wachsenden Bevölkerung ist der anhaltende Flächenverbrauch in Österreich mit all seinen negativen Folgen konsequent einzuschränken. „Als Finanzmanager eines Versicherungsunternehmens bin ich ständig mit den zunehmenden Naturkatastrophen konfrontiert. Wir haben beim Flächenverbrauch die Belastbarkeitsgrenze bereits überschritten. Wenn wir im neuen Jahr nicht weitere konkrete Maßnahmen setzen, werden uns unsere Kinder fragen: Warum habt ihr unsere Heimat so verbaut und uns die Lebensgrundlage genommen?“, weist Weinberger auf dieses brennende Umweltproblem Österreichs hin.