Fehlt der Boden, steigt die Hochwassergefahr

Bodenversiegelung hat vielfältige irreparable Auswirkungen

Im Durchschnitt der letzten drei Jahre verschwanden täglich knapp 12 Hektar Boden oder umgerechnet rund 20 Fußballfelder in Österreich unter Beton und Asphalt. In Tirol musste im selben Zeitraum täglich 1,2 Hektar Boden (in etwa zwei Fußballfelder) für Bauprojekte in Verkehr, Gewerbe, Industrie, Wohnbau etc. für immer weichen. Die Folgen dieses exzessiven Bodenverbrauchs sind:

  • die Zersiedelung und damit Verschandelung der Landschaft mit Auswirkungen auf den Tourismus,
  • die Gefährdung der heimischen Lebensmittelversorgung durch den Verlust von Agrarflächen (meist in Gunstlagen),
  • ein beschleunigter Klimawandel durch den Wegfall des Bodens als CO2-Speicher sowie
  • zunehmende Hochwasserschäden, da Regenwasser nicht mehr versickern kann.

So kam es auch im heurigen Jahr zu massiven Überschwemmungsschäden in fast allen Unterländer Gemeinden, die an den Inn grenzen. Auf einer Fläche von knapp 500 Hektar entstand durch Überschwemmung ein Gesamtschaden in der Landwirtschaft von rund 2 Millionen Euro.

Bei einem Pressegespräch diskutierten LK-Tirol Präsident Ing. Josef Hechenberger, Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmut Habersack von der Universität für Bodenkultur Wien, Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung und Nikolaus Zeindl, betroffener Landwirt aus Münster die Auswirkungen, die die rasante Verbauung Österreichs insbesondere auf die Landwirtschaft hat.

Mit Boden verantwortungsvoll umgehen

„Mit unserem derzeitigen Bodenverbrauch verbauen wir wortwörtlich die Zukunft der nächsten Generationen. Wir verlieren dadurch unsere landwirtschaftliche Produktionsgrundlage und somit die Basis für eine gesicherte Versorgung mit hochwertigen, heimischen Lebensmitteln. Außerdem verschlimmern wir durch die Flächenversiegelung die Auswirkungen des Klimawandels. Die Konsequenzen daraus werden jedes Jahr angesichts der immer häufiger auftretenden Wetterextreme deutlich. Daher brauchen wir dringend einen verantwortungsvolleren und sparsameren Umgang mit Grund und Boden“, so LK-Präsident Josef Hechenberger.

Überflutungsflächen müssen erhalten bleiben

Vielerorts wurden in Tirol Flächen, welche die Wassermassen auffangen sollten, durch Verbauung versiegelt. Das hat direkte Auswirkungen auf die Hochwassergefahr. „Der zunehmende Verlust von Überflutungsflächen durch den extremen Bodenverbrauch in Österreich führt zu einer Verschärfung des Hochwasserrisikos. Es ist höchste Zeit die Verbauung zu stoppen und die Überflutungsflächen zu erhalten oder zurückzugewinnen“, so Helmut Habersack.

Leerstand nützen, Boden schützen

Kurt Weinberger fordert auch ein Umdenken im Umgang mit leerstehenden und verfallenden Immobilien in Österreich: „Wir müssen endlich begreifen, dass der Boden keine unendlich verfügbare Ressource ist. Aufgebraucht ist er für immer verloren. Unter dem Motto ‚Leerstand nützen, Boden schützen‘ sollten wir beginnen, die vom Umweltbundsamt geschätzten 40.000 Hektar leerstehenden Immobilien in neue Nutzung zu bringen, bevor wir Äcker und Wiesen neu zubetonieren. Das schafft Arbeitsplätze, schont die Umwelt und spart wertvolle Böden, die wir und vielmehr unsere Kinder und unsere Kindeskinder noch dringend benötigen.“

Schäden in der Landwirtschaft bedrohen Existenzen

Nikolaus Zeindl, selber von der Überschwemmung betroffen, sieht eine Zunahme an Wetterextremereignissen auf die österreichische Landwirtschaft zukommen. „Die Auswirkungen des Klimawandels und des Bodenverbrauchs in Österreich zeigen sich bereits deutlich. Wir Landwirte bleiben mittlerweile kein Jahr von unterschiedlichsten Wetterextremen verschont. Ist es in einem Jahr die Dürre, die zu schaffen macht, ist es im nächsten Jahr beispielsweise eine Überschwemmung, welche die Ernte vernichtet. Eine umfassende Risikovorsorge ist das eine, rasche Maßnahmen im Kampf gegen das oft selbst verschuldete Auftreten derartiger Extremereignisse das andere.“

Maßnahmenbündel notwendig

Im Kampf gegen zunehmende Wetterextreme wie Dürre oder Überschwemmung sind sich alle vier Diskutanten einig: „Wir müssen den Bodenverbrauch stoppen und damit auch einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel setzen. Nur so können wir die Auswirkungen des Klimawandels noch in den Griff bekommen, damit auch zukünftige Generationen eine lebenswerte Umgebung vorfinden.“

Rückfragehinweis:

  • Mag. Judith Haaser, Pressesprecherin LK-Tirol, [email protected], 05 92 92-1050
  • Dr. Mario Winkler, Pressesprecher Österreichische Hagelversicherung, [email protected], +43 1 403 16 81-42

 

v.l.n.r.: Ing. Norbert Jordan, Landesleiter Tirol Österreichische Hagelversicherung; Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender Österreichische Hagelversicherung; Ing. Josef Hechenberger, Präsident LK-Tirol; Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmut Habersack, Universität für Bodenkultur Wien; Nikolaus Zeindl, Landwirt