Hagelversicherungs-Webinar: Bedrohungsszenario Afrikanische Schweinepest (ASP)

Der Lockdown bei Corona entspricht dem Stand Still bei ASP: Gefahr einer Einschleppung ist groß – Österreich ist aber gut vorbereitet – Versicherung sichert Existenzen

Wien (Österreichische Hagelversicherung, 10. Dezember 2020): Das Thema „Afrikanische Schweinepest (ASP)“ ist in der Schweinebranche allgegenwärtig und sensibilisiert verständlicherweise die potentiell Betroffenen. Das zeigt auch das Interesse am Hagel-Webinar: Mehr als 200 Teilnehmer folgten den Ausführungen von Dr. Carola Sauter-Louis vom Friedrich-Loeffler-Institut in Deutschland, Christoph Schulz, betroffener Landwirt in Deutschland sowie den österreichischen Vertretern Dr. Andrea Höflechner-Pöltl, Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Dr. Peter Wagner, Landesveterinärdirektor Steiermark, Dr. Birgit Kaltenböck, Amt der OÖ Landesregierung, Dr. Johann Schlederer, Geschäftsführer VLV und Österreichische Schweinebörse, Mag. Max Hörmann, Landwirtschaftskammer Österreich und Mag. Michael Zetter, Österreichische Hagelversicherung. „Tierseuchen stellen für die Betriebe nicht selbst verschuldete Gefahren dar und verursachen hohe, oftmals existenzbedrohende Kosten. Es braucht im Seuchenfall einen Mix aus Maßnahmen, ähnlich wie bei einem Langstreckenlauf. Der wird nur dann erfolgreich sein, wenn wir alle Hand in Hand arbeiten: die öffentliche Hand, die Landwirtschaft und auch wir als Versicherungsunternehmen. Mit der Prämienbezuschussung für Tierseuchen nimmt Österreich hier eine internationale Vorreiterrolle ein. Die Schweinehalter sind sich der Gefahr bewusst. Mittlerweile sind beispielsweise 70 Prozent der Mastschweine bei uns als größtem Tierversicherer Österreichs abgesichert“, so Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, in seinen einleitenden Worten zum virtuellen Themenvormittag.

Begrüßung: Dr. Kurt Weinberger

Begrüßung: Dr. Kurt Weinberger

Sauter-Louis: Wildschweine und menschliches Handeln verschleppen den Erreger in Europa

Nachdem im Jahr 2007 die ASP aus Afrika nach Georgien – vermutlich über den Schiffsverkehr – eingetragen wurde, breitet sie sich kontinuierlich aus. Im Jahr 2014 wurden Fälle von ASP bei Wildschweinen und Ausbrüche bei Hausschweinen in den osteuropäischen Staaten Polen, Litauen, Lettland, Estland und in der Ukraine festgestellt. Im Juni 2017 wurde die Krankheit bei Wildschweinen in der Tschechischen Republik (unweit der österreichischen Grenze) festgestellt und im September 2018 auch in Belgien. Im November 2019 traten erste ASP-Wildschweinfälle in einem neuen Gebiet in Westpolen auf. Sprünge der ASP über größere Entfernungen (z.B. innerhalb Polens, nach Belgien, Ungarn, in die Tschechische Republik) verdeutlichen das bestehende Risiko einer Einschleppung durch menschliches Handeln. Am 10. September 2020 wurde die ASP bei einem tot aufgefundenen Wildschwein im Spree-Neiße-Kreis in Brandenburg bestätigt und Ende November auch in Sachsen. Zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung wurden Restriktionszonen eingerichtet und Wildschweinbarrieren errichtet.

Der Lockdown bei Corona entspricht dem Stand Still bei ASP

Dort wo auch die ASP grassiert: Die Familie Schulz betreibt in Atterwasch in Brandenburg seit 1648 Landwirtschaft. Die jetzige (vierte) Generation um Christoph Schulz bewirtschaftet 800 Hektar inklusive Tierhaltung (120 Mutterkühe, 250 Mastschweine mit ausschließlicher Direktvermarktung, 30.000 Masthühnern und 700 Legehennen) sowie einer EU-zertifizierten Schlachtstätte mit Verarbeitung und Verkauf ab Hof, Biogasanlage etc. Die Liebe zu Natur und Tieren, eine Wetterfestigkeit und das vorausschauende Denken zeichnen Christoph Schulz aus. Die Afrikanische Schweinepest – aber auch andere Tierseuchen – sowie die zunehmenden Wetterextreme, mit all den Auswirkungen auf die Landwirtschaft, machen ihn nachdenklich. Ein Stand Still durch die ASP ist einem Berufsverbot gleichzusetzen. Ein Teil seiner Mitarbeiter musste nicht wegen Corona, sondern aufgrund der ASP in Kurzarbeit. Felder konnten nicht bewirtschaftet, die Ernte nicht eingebracht werden. Anders als in anderen Wirtschaftsbereichen nach dem Lockdown kann man nach einem Stand Still nicht einfach wieder das Licht andrehen. Das gibt der Kreislauf der Natur nicht her! Zur Kalkulierbarkeit gehört daher auch eine Absicherung durch eine Versicherung.  Das ist Voraussetzung für ein unternehmerisches Denken, damit auch die drei kleinen Töchter – dann in fünfter Generation – den Hof übernehmen können. Jetzt zwar noch Zukunftsmusik, aber doch wieder nicht so weit entfernt, wenn man vorausscheuend denkt wie Christoph Schulz.

Höflechner-Pöltl: Österreich ist für den Ernstfall gerüstet

Das Bedrohungsszenario ASP ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig das Zusammenwirken von Behörden, Verbänden, Organisationen und der Landwirtschaft bei der Bekämpfung von hochkontagiösen Seuchen ist. Die Veterinärverwaltung im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) kommt in einem dreistufigen Prozess ihrer Verpflichtung nach, die persönlichen und wirtschaftlichen Schäden, nach Möglichkeit zu verhindern bzw. so gering wie möglich zu halten. In erster Linie sollen Maßnahmen der Seuchenprävention – unter anderem eine gezielte Information aller beteiligten Personenkreise, eine ständige Beobachtung der internationalen Seuchenlage sowie vorbereitende Übungen – die Sensibilität für das Risiko steigern. Je länger sich eine Tierseuche unentdeckt ausbreiten kann, umso schwerwiegender sind die Schäden. Daher ist eine Seuchenfrüherkennung in Form von aktiver Überwachung der Schweinegesundheit von großer Bedeutung. Seuchenbekämpfungsmaßnahmen bedürfen einer soliden gesetzlichen Grundlage und finanzieller Vorsorge. Eine interdisziplinäre Expertengruppe wurde schon vor einigen Jahren eingerichtet, um alle Aspekte dieser herausfordernden Tierseuche abzudecken. Das Wissen und die Erfahrungen dieser Gruppe sind in einem Krisenplan abgebildet, der im Seuchenfall den strukturierten Ablauf der Bekämpfung sicherstellt.

Wagner: Zuständigkeiten beim Auftreten von ASP

Beim Nachweis von ASP bei Haus- oder Wildschweinen haben die Behörden eine Fülle von herausfordernden Maßnahmen zu setzen. Während die Zuständigkeiten bei Ausbrüchen im Hausschweinebestand gemäß der Afrikanischen Schweinepest-Verordnung klar geregelt sind, bedarf es bei Ausbrüchen im Wildschweinbestand aufgrund europarechtlicher Vorgaben dringend einer Anpassung der Wildschweine-Schweinepestverordnung. Angesichts des mit 21. April 2021 in Kraft tretenden, unmittelbar anwendbaren EU-Tiergesundheitsrechts und einer zu erwartenden EU-Durchführungsverordnung zur ASP wird sich zusätzlicher Rechtsanpassungsbedarf ergeben.

Moderation: Dr. Mario Winkler

Moderation: Dr. Mario Winkler

Kaltenböck: Welche Voraussetzungen sind für die Verbringung von Schweinen aus Restriktionsgebieten zu erfüllen

Im Falle des Auftretens der ASP sind für das Verbringen von Hausschweinen aus dem Seuchengebiet und der Pufferzone bestimmte Voraussetzungen vorgeschrieben, die der Betrieb zu erfüllen hat. Nur dann kann die Behörde eine Genehmigung für die Verbringung erteilen. Die wichtigste Vorbereitung der Hausschweine haltenden Betriebe, auf einen Seuchenausbruch im Wildschweinebestand, ist die Umsetzung der Vorgaben der Schweinegesundheits-Verordnung. Die Hygiene- bzw. Biosicherheitsmaßnahmen sollen einen Eintrag der Afrikanischen Schweinepest in den Hausschweinebestand verhindern und sind zudem Grundvoraussetzung für das Inverkehrbringen von Schweinen.

Schlederer: ASP beschert hohe Verluste – Wer sauber bleibt gewinnt!

Die ASP hat in den letzten Jahren weltweit die Schweinepreise massiv beeinflusst. Unstrittig ist, dass das jeweils betroffene Land mit massiven Preiseinbußen unmittelbar nach Bekanntwerden eines Ausbruchsfalles konfrontiert ist. Umgekehrt gibt es auch Gewinner dieser schlimmen Tierseuche. Die durch die ASP in Asien ausgelöste globale Verknappung der Schweinefleischversorgung brachte den europäischen Schweinebauern vom Frühjahr 2019 bis zum Frühjahr 2020 einen überraschenden Geldsegen. Doch dann kam Corona und seit September auch die ASP bei Wildschweinen in Deutschland. Wie gewonnen, so zerronnen!

Hörmann: Vorbeugemaßnahmen unbedingt umsetzen

Europa kämpft mit Seuchen. Nicht nur Corona, sondern auch eine Menge verschiedener Tierseuchen bedrohen die Nutztiere in Europa und gefährden die Existenzen landwirtschaftlicher Betriebe. Die österreichische Landwirtschaft, im Herzen des Kontinents befindlich, ist besonders gefordert die Nutztiere gesund zu halten. Eine besondere Herausforderung, ist man doch in gewisser Weise von tödlichen Erregern umzingelt. Beispiel ASP: Allen Schweinehaltern wird eindringlich geraten, entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen in ihrem Betrieb striktest umzusetzen! Dazu zählen u.a. die Ställe, Ausläufe, Futter- und Strohlager möglichst wildschweinedicht absichern. Im Seuchenfall gibt es nach Keulung eine Basisentschädigung durch den Staat, ein nicht zu unterschätzendes Restrisiko bleibt beim Betrieb. Eine Abhilfe schafft die Ertragsschadenversicherung.

Zetter: Die Versicherung sichert Existenzen

Das Beispiel ASP zeigt: Ein schweinehaltender Betrieb ist das ganze Jahr über einem potentiellen Risiko ausgesetzt. Eine Versicherung kann einen Schaden nicht zu 100 Prozent abdecken, schon gar nicht den emotionalen, wenn Tiere gekeult werden müssen. Die Betriebe haben aber erkannt, dass ein Seuchenausbruch die Existenz gefährden kann. Oftmals stellt sich hier die Überlebensfrage. Mit der Versicherung der Österreichischen Hagelversicherung ist der Betrieb 365 Tage im Jahr geschützt. Dank der Prämienförderung durch Bund und Länder ist eine Versicherung für jeden Betrieb leistbar. Ziel muss es: ASP frei zu bleiben, also negativ – im Schadensfall denken Sie jedenfalls mit der Versicherung positiv!

Die Vortragenden

Die Vortragenden

Für Menschen ist das Virus absolut ungefährlich – Appell zu erhöhter Wachsamkeit

Faktum ist, das hat auch das Webinar gezeigt: Österreich ist im Falle eines Auftretens der ASP dank einer sehr gut funktionierenden Rechtsstruktur, dem Tiergesundheitsdienst als Eigenkontrollsystem und dem damit verbundenen Zusammenspiel zwischen Tierarzt, Landwirt und der Interessensvertretungen bzw. auch der Jägerschaft sowie einer ausgezeichneten Agrar- und Veterinärverwaltung auf Bundes- und Landesebene sehr gut gerüstet. Dazu stellvertretend für die Behörden der oberösterreichische Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger, der sich von Beginn an für den Ausbau der Tierseuchenversicherung samt öffentlicher Prämienbezuschussung eingesetzt hat: „Alle verantwortlichen Akteure müssen im Vorfeld abgestimmt sein. Nur dann wird es möglich sein, die Seuche auch schnell wieder unter Kontrolle zu bekommen. Wir sind in Österreich jedenfalls für den Ernstfall bestens vorbereitet! Das international herzeigbare Private Public Partnership unterstützt die Betriebe maßgeblich, Vorsorge zu betreiben.“ Ein weiterer Umstand ist dabei besonders wichtig, insbesondere in der Kommunikation: Für den Menschen ist das Virus der ASP ungefährlich. Es besteht keinerlei Gefahr für die Gesundheit des Menschen sowohl im Kontakt mit Schweinen als auch beim Verzehr von Fleisch- und Wurstprodukten. Sehr wohl spielt der Mensch aber eine wesentliche Rolle bei der Übertragung. „Es gilt, die breite Bevölkerung hinsichtlich des Themas zu sensibilisieren und generell eine erhöhte Wachsamkeit walten zu lassen“, so der abschließende gemeinsame Appell bzw. „Durch eine Versicherung eine entsprechende Vorsorge zu leisten“, stellt Dr. Kurt Weinberger abschließend fest.

Präsentation zum ASP Webinar

Das Webinar zum Nachhören: