Landwirtschaftliche Flächen für Lebensmittelproduktion sichern
MARKET-Befragung belegt breite Ablehnung von Photovoltaik auf Agrarflächen
„Lebensmittelproduktion sichern und die Klimakrise ernsthaft bekämpfen, das sind unsere erklärten Ziele. Die Energiewende und der Ausbau der Photovoltaik dürfen daher nicht zulasten der Agrarflächen gehen. Die 200.000 Dächer Photovoltaik-Strategie des Landes Oberösterreich setzt die richtigen Schwerpunkte. So werden wir unserer Verantwortung für die Eigenversorgung Österreichs mit hochwertigen Lebensmitteln gerecht.“
-Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger
Oberösterreichs Verantwortung für die österreichweite Lebensmittelversorgung wächst
Die Landwirtschaft ist direkt abhängig vom Wettergeschehen und spürt daher die Auswirkungen der beginnenden Klimakrise unmittelbar und tagtäglich. Die Temperaturen erhöhen sich bereits merklich, Niederschlagsmuster verändern sich und werden unberechenbarer. „Wie der vor wenigen Wochen erschienene Klimastatusbericht 2020 zeigt, liegt das abgelaufene Jahr trotz des als verregnet wahrgenommenen Sommers in den Top Fünf der wärmsten Jahre seit dem Messbeginn 1768. Nach den extremen Sommern der Vorgängerjahre waren wir letztes Jahr über jeden Tropfen Niederschlag dankbar“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
Eine bereits feststehende und nicht mehr zu verhindernde Folge des Klimawandels ist, dass die Ertragsfähigkeit der Böden in den traditionellen Kornkammern im Osten Österreichs abnimmt. Der von der AGES erstellte Bericht „Bodenbedarf für die Ernährungssicherung in Oberösterreich“ sagt für Österreich gesamt bis 2065 eine Reduktion der Ertragsfähigkeit um 19 Prozent voraus. Wie die Abbildung 1 zeigt, gibt es aber auch Regionen, deren Ertragsfähigkeit in Zukunft steigen wird, diese liegen zu einem großen Teil in Oberösterreich. „Die Modellrechnungen der Klimaforscher und Agrarwissenschaftler sprechen eine klare Sprache. Oberösterreich trägt in Zukunft eine noch größere Verantwortung für die Lebensmitteleigenversorgung in Österreich. Dem Schutz der Agrarflächen kommt im Land der Möglichkeiten daher eine überragende Bedeutung zu“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
Klarer Vorrang für Lebensmittelproduktion in agrarischen Gunstlagen
Die Produktion von Sonnenstrom auf agrarischen Freiflächen im Vergleich zu bereits verbauten Flächen weist klare betriebswirtschaftliche Vorteile auf. Mehrere Hektar große Anlagen reduzieren die organisatorischen Kosten, positive Skaleneffekte sind die Folge. Landwirtschaftliche Betriebe können mit der Verpachtung für Sonnenstrom daher höhere Erträge erwirtschaften als durch die landwirtschaftliche Nutzung. Die Gewinnung von Sonnenstrom tritt damit in direkte Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion.
„Aus rein betriebswirtschaftlicher Logik großflächig Agrarflächen für die Gewinnung von Solarenergie zu verwenden, ist der falsche Weg. Das würde den Druck reduzieren, bereits verbaute Flächen zu nutzen. Parkflächen, Verkehrsflächen und Dächer müssen möglichst lückenlos mit PV-Modulen ausgestattet werden. Die resultierende Überdachung und Beschattung hat auf Parkflächen zusätzliche positive Wirkungen. Daher die klare Priorisierung dieser Flächen in unserer PV-Strategie“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger: „Die Energiewende darf den Bodenverbrauch nicht weiter verstärken. In der Diskussion um die notwendige Energiewende muss eines klar sein: Die wichtigste Maßnahme für eine zukunftsfähige Energieversorgung ist die effiziente und sparsame Energieverwendung und damit die Senkung des Verbrauches.“
Leitungsausbau für die bäuerlichen Regional-Kraftwerke
Die großen Dachflächen auf den Vierkantern und Ställen des Landes ermöglichen es den Bäuerinnen und Bauern in Zukunft, Sonnenstrom für den eigenen Bedarf und darüber hinaus zu produzieren. „Für die ideale Nutzung der Dachflächen brauchen unsere bäuerlichen Betriebe eine leistungsfähige Anbindung ans Netz zu tragbaren Kosten. Das neue Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz muss diesen Leitungsausbau voranbringen und Eigenleistung bei der Errichtung ermöglich. So werden unsere Bauernhöfe als Lebensmittel- und Energieproduzenten zu regelrechten Regional-Kraftwerken“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
Nein zu Photovoltaik auf Agrarflächen
Die jüngst im Auftrag der Österreichischen Hagelversicherung durchgeführte MARKET-Umfrage zur Photovoltaik (PV) bringt folgendes Ergebnis: 94 Prozent der 800 Befragten befürworten PV-Anlagen auf sogenannten „toten Flächen“ wie Dachflächen bzw. Überdachungen von Parkplätzen bei Supermärkten, Gewerbeparks etc. Aber auch entlang von Autobahnen und Bahntrassen sind PV-Anlagen eine Option (79 Prozent). Die wesentlichen Vorteile bei einer PV-Errichtung auf “toten Flächen“ sehen sie in der Erhaltung der landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Lebensmittelproduktion sowie in der fehlenden Verbauung landwirtschaftlicher Böden bzw. keiner Zerstörung des Ökosystems: Das sagen 90 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher! „70 Prozent der Befragten lehnen eindeutig PV-Anlagen auf Agrarflächen ab. Ein klares Ergebnis gegen PV-Anlagen auf Agrarflächen“, fasst
Prof. Dr. Werner Beutelmeyer vom MARKET-Institut die Befragungs-ergebnisse zusammen.
Ein klares JA zur Energiewende, aber bitte nicht auf Agrarflächen
Die Klimakatastrophe ist für jeden von uns spürbar. „Nur wenn wir es schaffen, alle erneuerbaren Energien optimal zu nutzen, gelingt uns eine Reduktion der Erderwärmung. Dazu brauchen wir natürlich den Ausbau der Photovoltaik. Jedes Haus kann damit zu einem umweltfreundlichen Kraftwerk werden“, so die Botschaft vom Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung, Dr. Kurt Weinberger. Um den Klimawandel zu bremsen, braucht es rasch zusätzliche Anlagen auf Dachflächen von Firmen, Supermärkten, Wohnblöcken, Bauernhöfen, Gewerbeparks, aber auch Überdachungen von Parkplätzen, sowie nicht genützten Flächen entlang von Bahntrassen und Autobahnen. „Wir haben aktuell etwas über 2 GWp installierte Photovoltaik-Leistung. Um 15 GWp im Jahr 2030 zu erreichen, werden 10.000 Hektar Dachflächen benötigt. In Österreich haben wir laut einer EU-Studie rund 15.000 Hektar Dachflächen für Photovoltaik zur Verfügung. Das Potential ist also vorhanden. Daher sage ich als Naturkatastrophenversicherer: Lebende Äcker und Wiesen dienen der Lebensmittelproduktion. Wir haben bei den Agrarflächen ohnedies ein besonderes Phänomen: Asphaltierte Straßen und betonierte Einkaufszentren zerstören in einem rasanten Tempo unsere Böden unwiederbringlich. Dabei sichert das Wunder Boden unser Leben und ist nicht erneuerbar. Österreich ist beim täglichen Bodenverbrauch in der Höhe von 13 Hektar (OÖ 2,1 Hektar) Europameister, aber im negativen Sinne. Die europaweit höchste Supermarktfläche (1,67 m2 pro Kopf) und das dichteste Straßennetz Europas (15 m pro Kopf) müssen zu einem Ende führen“, zeigt Weinberger auf und ergänzt: „Ackerland und Grünflächen sind, einmal versiegelt, für immer tot – auch für die Lebensmittelproduktion. Von Beton können wir nicht abbeißen.“ Gerade Corona hat gezeigt, was es bedeutet, wenn die Grenzen geschlossen sind: Leere Supermarktregale in vielen Ländern, soziale Konflikte sind vorprogrammiert. Das heißt: Die Leistungen der heimischen Landwirtschaft sind unverzichtbar und alternativlos. „Heute ist Naturzerstörung de facto kostenlos, zahlen werden es aber die zukünftigen Generationen – und das dürfen wir nicht zulassen!“, so Weinberger abschließend.
Die Böden brauchen nicht uns Menschen, sondern wir brauchen die Böden
„Die Eigenversorgung mit hochqualitativen, regionalen Lebensmitteln wird durch den Klimawandel, den Bodenverbrauch und einer allfälligen Installation von Photovoltaikanlagen auf Agrarflächen zu einer immer größeren Herausforderung. Daher müssen wir Agrarflächen schützen und somit auch die Klimakrise ernsthaft bekämpfen. Nur so bleiben unsere Böden für die Lebensmittelproduktion im eigenen Land, für Tiere und Pflanzen, als Pfleger der Kulturlandschaft und somit für den Tourismus, aber vor allem für die Kinder und Kindeskinder erhalten“, so der abschließende gemeinsame Tenor von Hiegelsberger, Beutelmeyer und Weinberger.