Hagelversicherung: Klima retten, Wohlstand bewahren
WIFO-Direktor Univ.-Prof. MMag. Gabriel Felbermayr, PhD zu Gast beim virtuellen Nachhaltigkeitsfrühstück der Österreichischen Hagelversicherung.
Wien (Österreichische Hagelversicherung, 16. November 2021): Die Coronakrise drängt sich wieder zunehmend in den Vordergrund. Daher fand das mittlerweile traditionelle Nachhaltigkeitsfrühstück der Österreichischen Hagelversicherung erstmals online statt. Auch wenn der ursprüngliche Gedanke des persönlichen Informationsaustausches und Netzwerkens damit ad acta gelegt wird, so sind die inhaltlichen Aspekte einfach zu wichtig, verschwindet doch auch die Klimakrise nicht von der Bildfläche. „Noch haben wir es in der Hand, das Ausmaß dieser existentiellen Krise für die Menschen einzudämmen und damit die Grundlagen unseres Lebens, unseres Wohlstands und unserer Freiheit zu bewahren. Voraussetzung ist aber, dass wir unsere ganze Kraft auf die Bewältigung dieser Jahrhundertaufgabe ausrichten. Je konsequenter wir jetzt handeln, desto besser können wir unseren Planeten schützen. Das muss möglich sein, wird doch die Wichtigkeit von Klimaschutz üblicherweise nicht bestritten. Oder doch? Je konkreter die Vorschläge sind, umso häufiger kommen Bedenken. Der Vorschlag schadet der Branche, der Wirtschaft, ja überhaupt dem Wohlstand. Dabei dürfen wir nicht vergessen: Schaffen wir es nicht, die herrschende Klimakatastrophe zu bewältigen, ist unser Wohlstand in Gefahr, weil die Kosten des Nichtstuns auf lange Sicht betrachtet deutlich höher sind als jene der Reduzierung der CO2-Emissionen. Es braucht also dringend einen gesellschafts- bzw. wirtschaftspolitischen Wandel und ein Umdenken jedes Einzelnen“, so Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, in seinem Eingangsstatement und begrüßte beim virtuellen Nachhaltigkeitsfrühstück als Keynote-Speaker den WIFO-Direktor Univ.-Prof. MMag. Gabriel Felbermayr, PhD.
Weinberger: Natur- und Humankapital sichert den Wohlstand in unserem Land
Der Klimawandel, verbunden mit Wetterextremen und Klimaflüchtlingen, sowie die globale Knappheit von Energie- und Naturressourcen – Stichwort Bodenverbrauch – bei gleichzeitigem Wachstum der Weltbevölkerung sind die großen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Was aber die gegenwärtige Klimadiskussion betrifft, so wird diese vielfach nur schwarz oder weiß, sprich entweder Ökologie oder Ökonomie, diskutiert. Was nützt es, wenn wir uns beispielsweise nur Gewinnmaximierung in unserem wirtschaftlichen Handeln zum Ziel setzen und dabei unser Naturkapital wie Boden, Luft oder Wasser für immer zerstören. Und die Gefahr besteht. Daher braucht es ein neues, intelligenteres Wirtschaftsdenken. Eines, das den Wohlstand einer Volkswirtschaft nicht nur an der Kennzahl des Bruttoinlandsprodukts, sondern auch am Erhalt unseres Naturkapitals wie Boden, Luft oder Wasser beurteilt. Nur so können wir den Wohlstand unserer Gesellschaft aufrechterhalten, ohne unsere Umwelt auf Dauer zu schädigen.
Felbermayr: Klima retten, Wohlstand bewahren – geht das zusammen?
Die Antwort lautet ‚Ja‘. Wir müssen aber auf die Tube drücken und es muss uns gelingen, auch die großen Volkswirtschaften ins Boot zu holen bzw. gilt es, deren Beispiel zu folgen. China etwa hat im Juni des heurigen Jahres den weltweit größten CO2-Emissionshandel gestartet. Weitere strenge Umweltgesetze werden in nächster Zeit erwartet. In Europa ist es indes wichtig, dass nicht nur schmutzige Energie teurer wird, sondern auch saubere billiger. Auch an Emissionshandel und einer CO2-Bepreisung führt kein Weg vorbei. Es kann auch nicht jeder Sektor gleichermaßen zu Einsparungen angehalten werden, schlichtweg, weil es nicht möglich ist. Wir müssen jedenfalls den eingeschlagenen Weg des Umbaus unserer Energiesysteme und der Energieeinsparung konsequent verfolgen, denn für die Energiewende bleibt nicht mehr viel Zeit. Je länger wir zuwarten, umso schmerzhafter werden letztlich die Schritte sein, die man setzen muss, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Naturgemäß zieht das auch starke wirtschaftliche und gesellschaftliche Einschnitte nach sich. Daher muss es Ziel sein, den Temperaturanstieg auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, den CO2-Gehalt zu stabilisieren und die Netto-Emissionen auf null zu senken. Die Dekarbonisierung kann aber nur gelingen, wenn alternative Energieformen günstig sind. Wenn nur CO2 teurer wird und auch der alternative Strom sehr teuer ist, dann werden wir am Ende wirklich Wohlstandsverlust haben. Allerdings braucht es zur Klimazielerreichung nicht nur den Einzelnen und nationale Maßnahmen, sondern auch einen globalen Schulterschluss. Es sei denn, es handelt sich um ein primär nationales Umweltproblem wie den Bodenverbrauch. Dieser muss natürlich national dringend gelöst werden.
Ökologie und Ökonomie sind keine Gegensätze
„Die Probleme, vor denen wir stehen, sind drängend und existentiell. Wir müssen daher deutlich bewusstmachen: Ökonomie und Ökologie sind keine Gegensätze, sondern – vernünftig eingesetzt – ergänzen sie sich gegenseitig. Genau darauf setzen heute intelligente Volkswirtschaften und kluge Unternehmen. Bei allen Interessen, welche die Menschheit heute verfolgt, dürfen wir eines für unsere Zukunft und vor allem für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder nicht vergessen: Die Erde ist uns nur geliehen. Wir haben die verantwortungsvolle Aufgabe, sie an unsere Kinder und Enkelkinder in einem ordentlichen Zustand weiterzugeben“, so Weinberger in seinen Schlussworten an die Opinion Leader vor den Bildschirmen.