Rekorde werden durch Erderwärmung zur Normalität

Katastrophale Wettervielfalt prägte das Jahr 2018

Österreich ist ein Land, das aufgrund seiner Topographie besonders von den negativen Folgen der Erderwärmung betroffen ist. Ein Hitzerekord jagt den nächsten. Noch nie war die Durchschnittstemperatur so hoch. Bislang war 2015 das wärmste Jahr seit dem Beginn der Aufzeichnungen. Für das zu Ende gehende Jahr wird wohl ein neuer Rekord zu verzeichnen sein. Und die Prognosen lassen keine Veränderungen erkennen. Im Gegenteil: Diese rekordbrechenden Temperaturen werden, sofern die Kohlendioxidemissionen weiter ansteigen, in Zukunft keine Spitzen mehr darstellen, sondern Normalität sein. Die Folgen des Klimawandels in Form der zunehmenden Naturkatastrophen führen zu großem ökologischen und wirtschaftlichen Schaden. „In den letzten sechs Jahren gab es fünf Jahre mit einem Schaden jenseits der 200 Millionen Euro. So auch 2018: 270 Millionen Euro Gesamtschaden in der Landwirtschaft. Der Wandel – nämlich der Klimawandel – hat längst begonnen. Es braucht aber einen gesellschaftspolitischen Wandel. Schnelle, weitreichende und beispielslose Änderungen über alle Bereiche hinweg sind erforderlich, um die Erderwärmung in den Griff zu bekommen“, zieht Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, Bilanz.

2018: Jahr der Superlative – Vom Regen in die Dürre

Der trockenste Frühling seit 2012 bzw. der zweitwärmste Frühling, der viertwärmste Sommer der Messgeschichte: 2018 könnte das viertwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen werden.

Die Konsequenzen für die Landwirtschaft: Im Vergleich zu den letzten beiden Jahren war der (Spät-)Frost heuer zum Glück kein Thema. Allerdings hat der wärmste April seit dem Jahr 1800 und die damit verbundenen frühsommerlichen Temperaturen das rapide Auftreten des Rübenrüsselkäfers massiv beeinflusst. Ein Drittel der Zuckerrübenanbaufläche wurde de facto aufgefressen, der große Schaden durch den kleinen Käfer betrug 10 Millionen Euro. 85 Prozent der Rübenanbaufläche ist umfassend und einzigartig im europäischen Vergleich versichert. Ende Mai war in diesen Fällen die Schadenserhebung finalisiert und die Entschädigung an die betroffenen Landwirte überwiesen. Der Süden und Osten waren von April an durch schwere Hagelunwetter mit sintflutartigen Regenfällen und großflächigen Überschwemmungen konfrontiert: 30 Millionen Euro Schaden. Die Landwirtschaft im Norden und Westen war extremer Trockenheit ausgesetzt. Während der Tourismus über das sonnige Wetter jubelte, litt die Landwirtschaft: So gab es heuer vom 24. Juli bis zum 23. August eine durchgehende Hitzeperiode mit Tagen über 30 °C. Vielerorts gab es nur 20 Prozent Niederschlag im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt. Die Herbstkulturen und insbesondere das Grünland wurden in vielen Gebieten massiv geschädigt. Beim Grünland wurde das Schadensbild noch durch das invasive Auftreten von Engerlingen verstärkt. Durch die  Dürre entstand ein Gesamtschaden von 230 Millionen Euro. Die in Europa einzigartige Dürreindexversicherung für das Grünland und die Kulturen Mais, Zuckerrübe sowie Winterweizen konnte die Extremfälle abfedern. Ab 2019 wird das Modell, bei dem keine Schadenserhebung vor Ort stattfindet, auf die Kulturen Soja und Winterroggen ausgeweitet.

Private-Public-Partnership Modell: Landwirte bezahlen 45 Prozent der Prämie

„Diese Wetterextremereignisse zeigen, dass ein Risikomanagement zunehmend für das wirtschaftliche Überleben in der Landwirtschaft unverzichtbar ist. Agrarpolitisch wurde im heurigen Jahr ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt. Das international anerkannte Private-Public-Partnership Modell, also die Prämienbezuschussung für die Landwirte, wird für 2019 auf 55 Prozent ausgeweitet“, sieht Weinberger die Notwendigkeit in der Absicherung der standortgebundenen Landwirtschaft.  Die erweiterte Prämienförderung kommt bei allen landwirtschaftlichen Kulturen für die Risiken Hagel, Frost, Sturm, Dürre und Überschwemmung zur Anwendung. Neu hinzugekommen ist 55 Prozent Prämienbezuschussung bei der Tierversicherung. Aufgrund der Tierseuchensituation (Beispiel Afrikanische Schweinepest in angrenzenden Staaten) werden ab 2019 auch Tierseuchen und Tierkrankheiten bezuschusst. Zusätzlich wurde auch die Versicherungssteuer angepasst: Zukünftig beträgt diese 0,2 ‰ der Versicherungssumme, statt bisher 11 % der Versicherungsprämie.

Conclusio: Risikomanagement wichtiger denn je

Nur ein stabiler Agrarsektor, der Einkommensausfälle nach Naturkatstrophen bewältigen kann, ist auf Dauer in der Lage, regionale Lebensmittel zu produzieren. Daher wird es künftig nur mit umfassenden Ernteversicherungen möglich sein, die Auswirkungen des Klimawandels für die Landwirte langfristig kalkulierbar zu machen. „Als Versicherer von Naturkatastrophen lösen wir das Problem, nicht aber die Ursache. Wenn Wissenschaftler den Klimawandel beschreiben, arbeiten sie häufig mit der Zukunft. Ich als Finanzmanager sage aber: Wir brauchen jetzt radikale Änderungen. Das Klima gönnt uns keine Pause. Denn je höher die Temperaturen steigen, umso häufiger werden Dürre, Starkregen und Überflutungen. Wir haben eine verzerrte Wahrnehmung: Nicht das Klima ist schuld, dass die Naturkatastrophen zunehmen. Das Klima hält uns nur vor Augen, welchen Raubbau wir an Mutter Erde betreiben, zum Beispiel beim Bodenverbrauch! Wir sind die erste Generation, die den Klimawandel vollauf versteht, und die letzte Generation, die in der Lage ist, etwas dagegen zu tun. Das sind wir unseren Kindern schuldig“, so Weinberger abschließend.