„STOPP dem Bodenverbrauch in Österreich“ – Landwirtschaftliche Vorrangflächen gesetzlich schützen – leerstehende Immobilien nutzen

Österreich verbaut täglich doppelt so viel Fläche wie die Schweiz oder Deutschland

Wien (Österreichische Hagelversicherung, 12. Oktober 2015): „Wir müssen den rasanten Bodenverbrauch in Österreich stoppen. Dazu müssen wir Bewusstsein schaffen, dass der Boden die Basis für unser Leben ist. Eine bodenschonende Raumplanung soll landwirtschaftliche Vorrangflächen gesetzlich schützen und leerstehende Immobilien wieder in wirtschaftliche Nutzung bringen. Mit diesen Maßnahmen soll es gelingen, dass unser Raum nicht weiter verunstaltet wird und nicht unsere Lebensgrundlage Boden für künftige Generationen verloren geht “, appellieren gemeinsam Univ.-Prof. Dr. Roland NORER, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Agrar- und Umweltrecht , Univ.-Prof. Dr. Gottfried HOLZER, Universität für Bodenkultur Wien, und Dr. Kurt WEINBERGER, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung.

Fakten zum Bodenverbrauch:

  • Täglich wird in Österreich ein Bauernhof mit einer Fläche von rund 20 ha verbaut. Also umgerechnet 30 Fußballfelder. Pro Jahr sind das 7.300 ha.
  • In den letzten 50 Jahren wurden rund 300.000 ha Böden versiegelt (entspricht der landwirtschaftlichen Fläche Oberösterreichs).
  • 0,5 % der Böden werden pro Jahr in Österreich versiegelt. In 200 Jahren wäre damit die gesamte Agrarfläche Österreichs zubetoniert. In Deutschland und in der Schweiz werden nur 0,25 % der Agrarflächen verbaut (siehe Anlage), in Tschechien gar nur 0,17 %.
  • Österreich hat mit 1,8 m² Supermarktfläche (Vergleich z. B. Italien 1,01 m²) und 15 Meter Straßenlänge pro Kopf (Vergleich Deutschland 7,9 m und Schweiz 8,1 m pro Kopf) international die höchsten Verbauungszahlen vorzuweisen.

Österreich : „Europameister“ bei der Verbauung und Zerstörung fruchtbarer Böden

Österreich ist bei der Verbauung fruchtbarer Böden Europameister im negativen Sinn“, fasst Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Hagelversicherung, die gegenwärtige Situation zusammen und weist auf die rasant fortschreitende Versiegelung heimischer Böden hin: „Täglich werden in Österreich rund 20 Hektar wertvolle Wiesen und Äcker für Straßen, Siedlungen, Shopping-Center oder Industriehallen verbaut. Wir haben die höchste Supermarktfläche in Österreich mit 1,8 Quadratmeter pro Kopf und mit 15 Meter Straßenlänge pro Kopf international das längste Straßennetz vorzuweisen.“

Österreich : Land leerstehender Immobilien – Anreizsystem erforderlich

In Österreich gibt es laut Umweltbundesamt rund 130.000.000 Mio. m² (= 13.000 Hektar) ungenutzte Industriehallen, bei Berücksichtigung aller leerstehenden Wohn- und Geschäftsimmobilien sind es rund 500.000.000 Mio. m² (= 50.000 Hektar). „Diese müssen wir durch entsprechende Anreizsysteme wieder wirtschaftlich nutzbar machen. Eine Rückführung von diesen Brachflächen würde – ebenso wie die Revitalisierung von Ortskernen anstelle von Neubauten im Grünen – dem Trend der Versiegelung von Neuflächen entgegenwirken“, so Weinberger weiter.

Verbauung: Weitreichende negative Folgen für die Volkswirtschaft

  • Heimische Lebensmittelversorgung gefährdet
  • Unwetterschäden nehmen zu
  • Tourismus negativ beeinflusst
  • Arbeitsplätze gefährdet

Der Österreichischen Hagelversicherung als Naturkatastrophenversicherer der Landwirtschaft liegt enorm viel daran, dass der tägliche Verlust von Agrarflächen in der Größenordnung von rund 30 Fußballfeldern umgehend und deutlich reduziert wird. „Es ist lebensnotwendig, dass sich diese existenzgefährdende Entwicklung rasch verlangsamt. Daher unterstützen wir als Naturkatastrophenversicherer alle Maßnahmen auf Länder- und Bundesebene, die zu einer spürbaren Reduktion des Bodenverbrauchs führen“, erklärt Dr. Kurt Weinberger die Motive für das Engagement der Hagelversicherung.

Raumplanungsrechtliche Aspekte: Landwirtschaftliche Vorrangflächen, Siedlungsgrenzen und Förderungssystem für Nutzung leerstehender Immobilien schaffen

Der örtlichen und überörtlichen Raumplanung kommt eine Schlüsselkompetenz im Kampf gegen den fortschreitenden Verlust an landwirtschaftlichen Nutzflächen zu. Das Fehlen einer auf den Flächenschutz bezogenen agrarischen Fachplanung und die bisherige Planungspraxis der Gemeinden haben vielfach dazu geführt, dass die Rauminanspruchnahme vor dem Schutz landwirtschaftlich wertvoller Böden steht.

„Eine solche „Fehlplanung“ widerspricht allerdings den 2013 im Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit festgeschriebenen Staatszielen. Die Ziele darin lauten:

  • Nachhaltigkeit bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen
  • Umfassender Umweltschutz
  • Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln tierischen und pflanzlichen Ursprungs (auch) aus heimischer Produktion
  • Nachhaltige Gewinnung natürlicher Rohstoffe zur Sicherstellung der Versorgungs-sicherheit

Eine gesetzliche Ausweisung von landwirtschaftlichen Vorrangflächen und die damit verbundene Festlegung von Siedlungsgrenzen könnten ein Fortschreiten des ungezügelten Bodenverbrauches bewirken “, so Univ.-Prof. Dr. Gottfried Holzer über mögliche Lenkungsinstrumente.

Eine umfassende Bodenschutzstrategie erfordert aber ein Zusammenwirken raumplanerischer Instrumente mit einer Reihe weiterer Maßnahmen wie zum Beispiel monetäre und steuerliche Anreize zur Wiederinstandsetzung leerstehender Immobilien. Das Wissen über den Wert und die Endlichkeit unserer Lebensgrundlage Boden muss bei allen relevanten Akteuren gesteigert werden, um eine möglichst breite Akzeptanz für dringend notwendige Maßnahmen zur Flächensicherung zu schaffen.

Dazu Univ.-Prof. Dr. Roland Norer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Agrar- und Umweltrecht: „Das geltende Bodenschutzrecht in Österreich erweist sich in Hinblick auf die Verbauung der Böden als wenig wirksam und schlagkräftig. Die Instrumente, insbesondere des Raumplanungsrechts, berücksichtigen kaum ökonomische, ökologische und überzeugende Elemente. Dem Erhalt landwirtschaftlicher Böden muss schon allein aus dem Grund der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln künftighin in Interessensabwägungen verstärktes Gewicht zukommen. Es ist heute nicht mehr zu rechtfertigen, wenn der Bodenverbrauch zum Beispiel für Infrastrukturen oder Siedlungen höher gewichtet wird als Böden zur Produktion von heimischen Lebensmitteln.“

Nicht die Zukunft der Kinder verbauen – Böden verdienen mehr Respekt

„Der Boden ist die einzige Ressource, mit der Lebensmittel produziert werden können und deshalb ist sein Schutz für die Ernährung der steigenden (Welt-)Bevölkerung unverzichtbar. Verbauen wir nicht die Zukunft unserer Kinder! Österreich soll auch in Zukunft ein Land der Äcker und nicht ein Land der leeren Industriehallen, Straßen und Einkaufszentren sein. Böden sind unsere Lebensgrundlage. Böden sind Kulturgüter ersten Ranges, sie sind schützenswert und verdienen daher wieder mehr Respekt“, appellieren Weinberger, Holzer und Norer abschließend an die Verantwortlichen für die Raumordnung.

Die Österreichische Hagelversicherung

Die Österreichische Hagelversicherung ist der Spezialversicherer in der Landwirtschaft und wurde 1947 auf Initiative der Landwirtschaft von den Österreichischen Versicherern als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegründet. Die Gründungsgesellschaften übernehmen den Vertrieb und die nationale Rückversicherung bei Schadensfällen. Neben Hagel werden landwirtschaftliche Kulturen auch gegen Dürre, Überschwemmung, Frost und 10 weitere Risiken versichert. Damit bietet sie die umfassendste Produktpalette Europas an und ist zudem Österreichs größter Tierversicherer. Das Unternehmen hat auch jeweils eine Niederlassung in Tschechien, der Slowakei und Slowenien und ist im Dienstleistungsverkehr in Ungarn und Rumänien tätig. Als Naturkatastrophenversicherer wickelt die ÖHV pro Jahr durchschnittlich rund 40.000 Schadensfälle ab. Das Unternehmen hat die rascheste und modernste Schadenserhebung Europas und arbeitet seit 10 Jahren weitgehend papierlos und damit klimaschonend. Die Österreichische Hagelversicherung engagiert sich auch für mehr Klimaschutz. Sie hat bereits 2001 den ersten österreichweiten Klimaschutzpreis initiiert, wirbt seit vielen Jahren für regionale klimafreundliche Lebensmittel mit kurzen Transportwegen und versucht Bewusstsein gegen den rasanten Bodenverbrauch zu schaffen.