Stopp dem Bodenverbrauch

Bodenverlust in Österreich im Verhältnis um 50 Prozent höher als in Deutschland

Täglich verschwindet in Österreich durch Verbauung ein Bauernhof


Bild: V. l. n. r.: Präsident Gerhard Wlodkowski (LK Österreich), Präsident Gerd Sonnleitner (Deutscher Bauernverband), Vorstandsvorsitzender Dr. Kurt Weinberger (Österreichische Hagelversicherung)

Sonnleitner: Umfassende Gesetzesinitiative zum Flächenschutz notwendig

Wien (Österreichische Hagelversicherung, 22. Mai 2012): „Tag für Tag verlieren wir wertvolle Äcker und Wiesen durch Überbauung und Versiegelung, sodass sie nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden können. In Deutschland beträgt dieser Flächenverlust täglich rund 90 Hektar, also umgerechnet 120 Fußballfelder. Dabei benötigen wir diese fruchtbaren Böden dringend, um auch in Zukunft Nahrungsmittel und die für die Energiewende benötigte Biomasse zu erzeugen. Seit 1992 sind schon über 800.000 Hektar fruchtbarer Boden für die landwirtschaftliche Nutzung verloren gegangen. Um die nationale Versorgungssicherheit bei Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen nicht zu gefährden, ist ein Umdenken und Umsteuern dringend erforderlich. Deshalb ist die Zeit gekommen, dass der Deutsche Bundestag sich dieses Themas annimmt und einen gesetzlichen Schutz landwirtschaftlicher Flächen beschließt“, erklärte der Präsident des Europäischen Bauernverbandes COPA (= Comité des organisations professionelles agricoles) und des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner.

Wlodkowski: „Staatsvertrag“ zur Reduktion von Flächenverschwendung

„In Österreich werden laut Umweltbundesamt täglich rund 15 Hektar landwirtschaftliche Fläche für Verkehr, Industrie und Wohnbau verbaut. Der Bodenverlust liegt in Österreich im Verhältnis zu Deutschland um 50 Prozent höher (siehe Chart). Das ist eindeutig zu viel. Österreichs Landwirtschaft braucht aber diese Flächen, um die Versorgung der Bevölkerung weiterhin zu gewährleisten, aber auch, um die Schutzfunktion der Böden, wie die Fähigkeit Wasser oder CO2 zu speichern, nicht zu verlieren. Daher verlangen wir einen ‚Staatsvertrag’ zwischen Bund und Ländern zur Reduktion der Flächenverschwendung. Gleichzeitig fordern wir auf EU-Ebene eine Regelung über den quantitativen Bodenschutz und nicht immer nur neue Vorschriften zum qualitativen Bodenschutz“, forderte Gerhard Wlodkowski, Präsident der LK Österreich.

Sorgsam mit Boden umgehen

Im Österreichischen Raumordnungskonzept ist bereits 2001 die Reduktion des Bodenverbrauchs als prioritäres Ziel definiert worden. Ein Jahr später, 2002, wurde im Rahmen der österreichischen Strategie zur nachhaltigen Entwicklung festgelegt, eine Trendumkehr bei der jährlichen Flächenversiegelung bis 2012 zu erreichen. Das Ziel, bis zum Jahr 2010 die Flächenversiegelung auf 1 Hektar pro Tag zu senken, wurde bei weitem verfehlt.

„Wir sprechen uns daher für eine rasche Bund-Länder-Vereinbarung gem. Artikel 15a Bundesverfassungsgesetz aus, um den Flächenverbrauch wieder stärker in das Bewusstsein der zuständigen Raumordnungspolitiker zu bringen. Diese müssten der Regelung gemäß ihre Raumordnungsgesetze anpassen, um so wirksame Instrumente gegen den Bodenverlust zu haben. Sogenannte 15a-Vereinbarungen binden sowohl Bund als auch Bundesländer hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen“, so Wlodkowski weiter.

Konkrete Vorschläge

Inhalte dieser Vereinbarung sollten u. a. die Wiederverwertung von Industrie- und Gewerbebrachen, die Revitalisierung von Ortskernen und der Abbau von Bauland-Überhängen sein. „Der Bestand an brachliegenden Industrie- und Gewerbeflächen könnte nämlich heute schon rund ein Drittel des jährlichen Flächenbedarfs abdecken. Hier könnte man wirksam mit raumplanerischen Maßnahmen Umwidmungen in Bauland reduzieren und wertvolles Acker- und Grünland schützen. Die Bundesländer und Gemeinden müssten dabei ein Vorbild sein und in ihren Bereichen auf eine Reduktion des Flächenverbrauches achten. Die Raumordnungskonferenz ist gefordert, entsprechende Vorarbeiten zu leisten und konkrete Vorschläge zu machen“, stellte Wlodkowski fest.

Weinberger: Ohne Bodenschutz droht dramatischer Verlust von fruchtbarem Boden als wichtiger Klimaschutzfaktor

„Mit dem raren Gut Boden wird in Österreich viel zu sorglos umgegangen. Der Österreichischen Hagelversicherung liegt enorm viel daran, dass der tägliche Verlust von rund 15 Hektar Boden – das ist die Größe eines durchschnittlichen heimischen Bauernhofs – umgehend und deutlich reduziert wird. Denn das Verbauen und Versiegeln von Acker- und Grünland hat sowohl negative wirtschaftliche als auch klimatische Folgen. Zum einen verringert sich Tag für Tag der Versicherungsgegenstand, weil landwirtschaftliche Nutzflächen für Verkehrs-, Industrie- und Siedlungszwecke verwendet werden. Zum anderen hat dieser hohe Bodenverbrauch Einfluss auf den Klimawandel, das heißt auf die Erderwärmung. Wenn derart große Flächen des CO2-Speichers ‚Boden‘ versiegelt werden, wird der Klimawandel beschleunigt. Mit einem Wort: Boden ist ein wichtiger Klimaschutzfaktor. Deshalb ist es wichtig, dass diese Entwicklung verlangsamt wird. Daher unterstützen wir alle Maßnahmen auf Länder- und Bundesebene, die zu einer spürbaren Reduktion des Bodenverbrauchs führen“, erklärte Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung.

Fläche geht verloren

Allein in den letzten 20 Jahren sind in Österreich 110.000 ha Ackerland verloren gegangen. „Wenn wir diese Entwicklung nicht stoppen ist bereits in einem Jahr so viel wie die gesamte landwirtschaftliche Fläche Wiens (5.500ha) und in 30 Jahren so viel wie die gesamte landwirtschaftliche Fläche des Burgenlandes (165.000ha) verbaut. Das wäre dramatisch“, warnt Weinberger.

CO2 Bindung und Schutzfunktion

Der Boden ist ein wertvoller CO2-Speicher. Verschwindet jedoch eine landwirtschaftliche Produktionsfläche für immer unter einer Straße oder einem Bauwerk geht die Möglichkeit CO2 zu binden verloren. Weiters werden im Zuge der Bauarbeiten und durch die Benützung der Gebäude durch Wohnen, Arbeiten, etc. zusätzlich Treibhausgase freigesetzt. Auch die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu speichern und zurückzuhalten, fällt weg, wodurch die negativen Folgen von Extremwetter-Ereignissen zunehmen.

Nicht die Zukunft verbauen

„Wir müssen dem Bodenschutz zum Durchbruch verhelfen. Dazu sollten wir die Zuständigkeiten überdenken, Gesetze ändern und Bewusstsein schaffen. Denn mit Boden schonender Raum- und Verkehrsplanung im Heute machen wir das Klima von morgen und verbauen damit nicht die Zukunft unserer Kinder“, appellieren gemeinsam Gerd Sonnleitner, Gerhard Wlodkowski und Kurt Weinberger.


Bild: Täglich wird in Österreich ein Bauernhof verbaut


Chart: Jährlicher Verlust von landwirtschaftlicher Fläche

Kontakt:
Dr. Josef Siffert, Tel 01/53441-8521, E-Mail [email protected]