Wir brauchen Boden zum Leben!

LK-Präsident Hechenberger, HV-Vorstandsvorsitzender Weinberger und Raumordnungsexperte Ortner rufen zum Schutz landwirtschaftlicher Böden auf.

Alleine in Tirol werden pro Tag 1,8 Hektar wertvoller Boden pro Tag versiegelt, das entspricht einer Größe von 2,5 Fußballfeldern. Landwirtschaftliche Flächen werden dabei für immer vernichtet – mit verheerenden Folgen für die Tirolerinnen und Tiroler und ihre Kinder: Die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln ist gefährdet und es drohen enorme ökologische Auswirkungen durch die Versiegelung.

1960 wurden noch 40 Prozent des Landesgebietes landwirtschaftlich genutzt. Heute ist diese Fläche um die Hälfte auf nur mehr 20 % gesunken. Demgegenüber ist die Importquote und die Abhängigkeit von Lebensmitteln aus dem nahen und fernen Ausland gestiegen. Die verbleibenden Flächen müssen intensiver genutzt werden, um die Lebensmittelversorgung für die Tiroler Bevölkerung sicherzustellen. „Auch der Sicherheitsfaktor muss bedacht werden: Betonierter Boden kann kein Wasser speichern oder zurückhalten, somit steigt die Gefahr von Hochwasser und Überschwemmungen massiv“, gibt LK-Präsident Josef Hechenberger zu denken. Er zeichnet ein erschreckendes Bild für die Zukunft: „Die Versiegelungstendenz muss endlich eingebremst werden, sonst stirbt die Landwirtschaft langsam, aber sicher aus“, so Hechenberger. Robert Ortner, Raumordnungsleiter vom Amt der Tiroler Landesregierung, erläutert die seit 1994 gesetzten Maßnahmen zur Trendumkehr: „Der Erhalt von zusammenhängenden landwirtschaftlichen Flächen ist eines der wichtigsten Ziele der Tiroler Raumordnung. Vergangene Woche haben wir mit Landesrat Tratter diskutiert und künftig werden im Sinne der Umweltrentabilität landwirtschaftliche Vorsorgeflächen gesichert. Für die Wiederbelebung des Dorfkerns gibt es bereits Konzepte. Wenn wir die rund 38 Prozent an leerstehender Bausubstanz in Tirol aktivieren, bräuchten wir 40 Jahre lang kein neues Bauland mehr zu widmen“, so der Landesexperte Robert Ortner.

Revitalisierung statt Neubau.

Binnen der letzten 50 Jahre hat sich die Tiroler Wohnbevölkerung fast verdoppelt, wohingegen sich der Gebäudestand zwischen 1961 und 2012 auf rund 188.000 verdreifacht hat. „Es darf nicht auf Kosten unserer grünen Wiesen neu gebaut werden. Die geburtenschwachen Jahrgänge machen sich bereits bemerkbar, das heißt weniger Wohnraum wird künftig benötigt. Besonders in entlegeneren Gebieten wird ein Großteil der Kubatur ungenutzt verfallen. Zum Schutz der noch übrig gebliebenen landwirtschaftlichen Produktionsflächen fordere ich nicht ständig Neues zu bebauen, sondern die Erneuerung von alter Bausubstanz“, erklärt Hechenberger und verlangt dafür und für die Revitalisierung der Ortskerne Konzepte und finanzielle Anreize von Seiten des Landes. „Ich erwarte mir hier auch Unterstützung von Seiten der Wirtschaft, im Speziellen vom Tourismus und der Gastronomie. Oder glauben Sie, dass noch ein Gast in einem mit Beton und Asphalt versiegelten Land Tirol freiwillig Urlaub machen und dafür noch Geld zahlen würde“, fragt Hechenberger provokant nach.

Keine Agrarflächen in 200 Jahren.

Österreich hält bei der Verbauung der fruchtbaren Böden einen Negativrekord in Europa: Täglich werden in Österreich mehr als 20 Hektar wertvolle Wiesen und Äcker für Straßen, Siedlungen, Shopping-Center oder Industriehallen verbaut. Daher weist die Hagelversicherung schon seit einiger Zeit auf die überdurchschnittlich hohe Bodenversiegelung in unserer Heimat hin: Österreich hat 1,80 m² Supermarktfläche pro Kopf zur Verfügung, in Italien sind es beispielsweise nur 1 m². „Wenn wir jetzt nicht handeln, gibt es hochgerechnet in 200 Jahren keine Agrarflächen mehr in Österreich. Der Boden ist die Basis für unser Leben und die Landwirtschaft ist der wichtigste Sektor der Volkswirtschaft. Sie produziert das, was wir täglich brauchen, nämlich Lebensmittel, sie sichert in Österreich 500.000 Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette und sie gestaltet unsere Landschaft. Mit einer bodenschonenden Raum- und Verkehrsplanung im Heute wird das Klima von morgen gemacht und nicht die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder verbaut“, fasst Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung zusammen.


Foto (v.l.): Raumordnungsexperte Robert Ortner, LK-Präsident Josef Hechenberger und HV-Vorstandsvorsitzende Kurt Weinberger fordern den Schutz landwirtschaftlicher Flächen vor weiterer Verbauung. (Foto: LK Tirol/ Schießling)