Zweites Netzwerktreffen: Gartenbau trifft Wissenschaft

Fazit des Treffens: Eine Zukunft ohne Gärtner in Österreich ist undenkbar!

Das zweite Netzwerktreffen der Österreichischen Hagelversicherung stand ganz im Zeichen des Gartenbaus. Eine Frage war dabei im Zentrum der Diskussion mit wissenschaftlichen Vertretern der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherung (AGES), der Politik, der landwirtschaftlichen Interessenvertretung sowie praktizierenden Gartenbaubetrieben: Wenn es zukünftig vor allem um die Ernährung der wachsenden Bevölkerung geht, welche Rolle wird dann der heimische Gartenbau spielen? Dazu der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung und BOKU-Uniratsvorsitzende, Dr. Kurt Weinberger: „Der Gartenbau ist eine hochinnovative Branche, der auch in Zukunft vielfach führend bei Fortschritten sein wird. Bereits jetzt kommen viele Erkenntnisse, zum Beispiel zur Pflanzenphysiologie, dem Pflanzenschutz oder der Anbautechnologien für Pflanzenkulturen aus den Laboren und Gewächshäusern der gartenbaulichen Forschung. Auch die BOKU nimmt als die Nachhaltigkeitsuniversität in Europa eine zentrale Stellung ein und versucht die drängenden Fragen der Zukunft zu beantworten. Wichtig für eine gezielte Forschung sind dabei aber auch die Inputs der Praktiker.“

Frische, Herkunft und Qualität

Auch Ulrike Jezik-Osterbauer, Präsidentin des Bundesverbandes der Österreichischen Gärtner, sieht in eine positive Zukunft: „Die Vorteile unserer Produkte sind die Frische der Ware, die direkt vom Feld zum Kunden kommt, die regionale Herkunft und eine unvergleichliche Qualität. Obwohl bei Lebensmitteln, Obst, Gemüse, Blumen und Pflanzen der persönliche Verkauf noch die dominante Rolle einnimmt, macht auch die Digitalisierung beispielsweise im Onlinehandel vor uns nicht Halt und hat auch vielerorts Einzug schon gefunden.“

Fit in die Zukunft

„Strategische Kooperationen mit ausgewählten Leitunternehmen sind für die Forschung unerlässlich. Ein gezielter Austausch mit der Wirtschaft, wie er mit diesem Netzwerktreffen von der Österreichischen Hagelversicherung ins Leben gerufen wurde, ist sowohl für unsere Universität als auch für die Praxis enorm wichtig“, so Dipl.-Ing. Bernhard Koch, Leiter Technologietransfer an der BOKU. Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Anna Keutgen, Leiterin des BOKU-Instituts für Gartenbau, sieht noch viel Potential: „Im Garten ist die Vielfalt an Gewächsen groß und das Verhältnis Pflanze, Mensch und Umwelt vielschichtig. Der Fokus gartenbaulichen Forschens und Lehrens richtet sich auf die Pflanzenvitalität sowie auf die Pflanze als Nahrungs- und Heilmittel. In diesen Bereichen setzen wir unsere Schwerpunkte.“

Risiken nehmen durch Klimawandel zu

Der Klimawandel wird die geografische Verbreitung von Schaderregern verändern. Nicht nur durch eine Veränderung der Verbreitung einheimischer Arten, sondern gerade auch durch ein erhöhtes Risiko der Einwanderung bzw. Einschleppung und Etablierung sowie Ausbreitung invasiver Arten. „Die AGES ist als Unternehmen der Republik Österreich per Gesetz aufgefordert, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Forschung zu betreiben und einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln. Anders als die BOKU ist die AGES aber keine typische Forschungseinrichtung. Die Fragen und Aktivitäten ergeben sich aus dem öffentlichen Auftrag an die AGES und die angegliederten Bundesämter“, so DI Mag. DDr. Alois Leidwein, Leiter AGES-Fachbereich Wissenstransfer, Angewandte Forschung und AGES-Akademie. Gerade das Internationale Jahr der Pflanzengesundheit sollte dazu genutzt werden, die positiven Leistungen der Pflanzenschutzdienste und des Integrierten Pflanzenschutzes darzustellen. Ein Schwerpunkt sind dabei auch die Schaderreger im Gartenbau, die bedingt durch die Erderwärmung einem Wandel unterliegen. „Es gibt Klimagewinner und -verlierer bei den tierischen Schädlingen. Wärmeliebende Schaderreger werden profitieren“, nimmt Dipl.-Ing. Anna Moyses von der Abteilung Pflanzengesundheit im Feld- und Gartenbau der AGES Bezug auf die Erderwärmung und dem damit einhergehenden Vormarsch von Erregern wie Xylella fastidiosa, Japankäfer, Citrusbockkäfer etc. „Forschung, Beratung und Praxis müssen eng zusammenarbeiten, um auf neue und alte Bekannte reagieren zu können“, so Moyses. Die gute Nachricht: Bestimmte Quarantäneschädlinge und -schaderreger sind im Fall von behördlich angeordneten Betriebssperren im Garten- und Gemüsebau versicherbar.

Corona zeigt die Verletzbarkeit und Zugleich die Notwendigkeit nationaler Ressourcen

Eines ist jedenfalls klar: „Wir werden in Zukunft mehr Nahrungsmittel mit weniger Ressourceneinsatz erzeugen müssen. So führte auch die Coronavirus-Krise bereits vielerorts zu leeren Regalen in den Supermärkten. Das zeigt einerseits, dass es nicht selbstverständlich ist, Lebensmittel überall und sofort zu bekommen und andererseits, wie verletzbar man als Nationalstaat ist. Ernährungssicherheit kann man nicht importieren! Wir müssen selbst die Voraussetzungen dafür schaffen, um die Bevölkerung im Krisenfall ernähren zu können. Daher gilt es die Ressourcen zu schützen. Auch dem heimischen Gartenbau wird aufgrund seiner enormen Produktivität auf vergleichsweise kleinen Flächen und der saisonalen sowie regionalen Produktion eine zentrale Bedeutung zukommen. Dass es so bleibt, dafür müssen wir kämpfen. Dafür braucht es Innovationen und die Unterstützung der Wissenschaft“, so Weinberger abschließend.

Netzwerktreffen Gartenbau

„Eine Zukunft ohne Gärtner ist undenkbar!“
Teilnehmer und Referenten am Netzwerktreffen mit Ing. Franz Windisch, Präsident Landwirtschaftskammer Wien, Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung/BOKU-Uniratsvorsitzender; Ulrike Jezik-Osterbauer, Präsidentin des Bundesverbandes der österreichischen Gärtner